Tag 28 – Ko Chang
Nun begannen unsere Tage im Paradies. Leicht verkatert saßen wir am Morgen in der schwankenden, komplett verrosteten Fähre nach Ko Chang und die grüne, verheißungsvolle Oase kam minütlich näher. Wir hatten uns den südlichsten Zipfel, das Dörfchen Bang Bao, als Ziel ausgeguckt und überredeten unsere touristischen Fährenmitfahrer, dass sie da auch hin wollten; so konnten wir uns ein Taxi teilen. Ein netter, älterer Herr mit Folkgitarre auf dem Rücken erzählte uns von seinem schönen Bungalow im Remark Puzi, gleich neben dem Pier, und wir stapften ihm einfach schamlos hinterher. Es war ein Traum. Etwa 10 Bungalows standen friedlich auf dem perfekt gemähten Rasen zwischen Palmen und Blumenbeeten. Innerhalb von Minuten hatte ich mir einen auf Stelzen stehenden Bungalow mit Blick auf's Wasser ausgeguckt, unter dem zwei lieb aussehende Hunde die Mittagszeit verdösten. Zwei potentielle Wachhunde also, mit denen ich mich nur anfreunden musste, und die danach unsere Wertsachen im Auge behalten würden. Ich schaute hoffend auf Karime, der mit dem ewig skeptischen Blick noch Bad und Bett musterte. Jetzt begann das alte Spiel. Karime musste mindestens noch einige andere Optionen sehen, bevor er sich entscheiden konnte. Der super höfliche, indischstämmige Hauswart des Bungalowressorts nickte verständisvoll: „Certainly, certainly.“ Heimlich grübelte ich nach einem Plan, wie ich Karime diesen Ort schmackhaft reden konnte, und bewegte ihn zunächst dazu, sich hinzusetzen und den Rucksack abzunehmen, damit wir nochmal einen Blick in das Buch werfen konnten. Fünf Minuten drehte ich die Landkarte hin und her, wägte Entfernungen ab, verglich laut denkend Preise, und wartete darauf, dass Karime müde wurde und zu gähnen anfing. Da ich als Profireiseleiterin unsere inoffizielle Kartenleserin bin, mischte sich Karime auch nicht groß ein, während ich ihm den Weg zum nächsten Strand lang redete. Unser Inder beobachtete uns amüsiert hinter seinem Tresen. Kurze Zeit später saßen wir auf der Terrasse unseres Bungalows. Manchmal ist Karime auch zufrieden, wenn ihm jemand die Entscheidung abnimmt - solange es ihm gefällt - aber das war hier nicht schwer.
Am Abend schlenderten wir über den Pier. Hier reihte sich ein Fischrestaurant ans nächste. Eigentlich war der Pier das Dorf. Die Holzhäuser der Fischer waren auf Stelzen direkt ins Wasser gebaut und alle über unzählige Seitenstege vom Pier aus zugänglich. Große und kleine Fischerboote, Schnellboote und zweistöckige Holzkähne, bunt bemalt mit den Namen der Inseln und Tauchgründe, welche sie ansteuerten, säumten den Rand des langen Piers, an dessen Ende ein hoher, weißer Leuchtturm thronte. Wir fühlten uns pudelwohl hier und alle Anspannung der langen Fahrt und des höllischen Pattayas fielen langsam von uns ab.
Tag 29 – Ko Chang
Nach einem 12-stündigen Schlaf schlüpfte ich endlich in meinen Bikini, die Flip Flops und mein weißes Kleidchen, welches ich nun seit 29 Tagen durch Thailand schleppte und genau für diesen Ort aufgehoben hatte. Als wir die Tür des Bungalows aufschlugen, kroch gerade einer unserer beiden Wachhunde die schmale Leiter zur Terrasse hoch und legte sich kommentarlos und ohne uns eines Blickes zu würdigen unter unseren Balkontisch. Dies war seine Hütte und wir waren hier geduldete Gäste im gegenseitigen Einvernehmen. Der zweite schlief immer noch auf exakt demselben Platz unter der Hütte wie am Tag zuvor. Wir hatten zwischendurch gefürchtet, er könne gestorben sein, doch durch die Lücken der Bodenlatten unseres Schlafzimmers konnten wir ihn atmen sehen und ab und zu tief und zufrieden schnaufen hören. Wir betrachteten die beiden nun mehr als faulenzende, liebenswürdige Mietnomaden. Besonders scharfe Wachhunde waren sie sicher nicht.
Nach einem reichhaltigen Frühstück auf dem Steg mit Omelette, gebratenem Reis, Müsli und Joghurt wanderten wir zum Strand. Die erste Bucht zog uns gleich in ihren Bann. Müde, sonnengebräunte Gesichter schauten uns von der Terrasse des Maka Cafés entgegen; im Wasser schaukelte eine einsame Hängematte zwischen Palmen und gleich daneben schimmerten die Umrisse zweier Sonnenstühle einladend durch die Sonnenstrahlen. Wir rissen uns die Kleider vom Leib, verschmierten noch einmal eine dicke Schicht Sonnencreme auf der noch unschuldigen Haut und fielen in die Klappstühle. Das Wasser rauschte um unsere Füße und frischer Orangensaft unsere Kehlen hinunter. Wir waren angekommen.
Die nächsten Stunden verbrachte ich relativ bewegungslos, den Laptop auf dem Schoß und schrieb mein Tagebuch. Karime saß mal hier, mal dort im Wasser, schaukelte in der Hängematte, planschte mit den Wellen oder schoss Handyfotos, mit denen er später die Internetfreunde neidisch machen würde. Am Nachmittag schlenderten wir weiter den Strand herunter vorbei an Ressorts, Strand- und Reggae Bars, Restaurants und den kleinen Hütten der Reiseveranstalter, welche ihre Schnorchel- und Tauchtrips an den Mann und die Frau bringen wollten.
Am südlichsten Zipfel des Strands leuchtete plötzlich ein sandiger, alter Mercedes Sprinter in der untergehenden, rötlichen Abendsonne. Auf dem Nummernschild prankte ein großes M. „Ist das Eurer?“ Jenny und Stefan nickten grinsend. Die beiden waren in 4,5 Monaten von München bis hierher gefahren, über Polen, Russland, Kasachstan, Kirgisien, China und Laos bis nach Thailand. Hinter dem Wagen entdeckte ich ein buntes Kinderstühlchen, das Annabelle gehörte, dem knapp 2-jährigen Töchterchen der beiden, die gerade im Bus ihr verdientes Abenteurerschläfchen hielt. Wir machten es uns gemütlich und tauschten Reisegeschichten aus bis es plötzlich tiefdunkel war und Karime nach Hause drängte. Wir waren auf dem Weg hierher von einer Horde Affen „überfallen“ worden, die uns mit weit ausgestreckten Armen und aufgerissenen Mündern die Straße versperrten und ihren Wegzoll forderten. Mit geübten Griffen hatten sie nach unserem Orangensaft gelangt und die Hunde weggeboxt, die auch mitspielen wollten. Wir hatten wenig Lust darauf, dass sie uns diesmal im Dunkeln von allen Seiten ansprangen. Wir verschoben unsere Geschichten im Schein der Taschenlampe auf morgen und machten uns los. Karime hakte sich bei mir ein, denn praktischerweise hatte er nur die tiefschwarze Sonnenbrille dabei. So kicherten wir zwei Blindschleichen uns – ich bin auch ohne Sonnenbrille relativ nachtblind – eine halbe Stunde am Straßenrand entlang bis nach Bang Bao; vorbei an schlafenden Hunden, keine Affen weit und breit.
Tag 30 – Ko Chang
Ein Taxitruck brachte uns ein paar Kilometer nach Norden, denn wir wollten uns ein Kayak ausleihen und zu zwei, drei Inselchen paddeln. Ein paar Minuten später saßen wir in unserem roten Triyak, auf der Seite prankte der Schriftzug „feel free“, ja genau, frei wollten wir uns fühlen, und wir lachten insgeheim über die Menschen, die wussten, welcher Wochentag heute ist. Das Inselleben hatte uns schon komplett eingesaugt, Probleme gab's woanders, hier gab es türkisblaues Wasser, pralle Sonne, gestreifte, blau, gelbe, grüne Fische, und einen Kopf voll frischer Meeresluft.
Wir paddelten zur ersten Insel. Am Strand lagen im 2 Meter Abstand Boote von Pärchen, die einen einsamen Strand zum rumschekern gesucht hatten. Wir wollten den Strand nicht noch weniger einsam machen und paddelten einmal um die ganze Insel, auf zur zweiten. Die Aussicht raubte uns den Atem, einsam glitten wir auf dem Wasser dahin, vorbei an Inselchen, auf denen der Urwald wucherte, vorbei an Buchten mit geheimnisvollen Höhlen, Schwärme fliegende Fische sprangen durchs Wasser, die Sonne zermatschte uns die Birne. Nach eine guten Stunde erreichten wir eine Insel, an der nur ein einziges, anderes Pärchen am Ufer planschte. Sie hatte keinen Strand, doch unzählige märchenhafte Schnüre, mit Muscheln bestückt, baumelten von den Ästen über der Bucht und so banden wir unsere Kayak fest und glitten ins Wasser. Nach einer halben Stunden paddelte das andere Pärchen davon. Es gibt doch wenig Schöneres als Nacktbaden im Ozean. Juhu.
Am Abend wanderten wir wieder zum Strand, vorbei am Affenzoll, doch die Affen hatten heute wohl Feiertag und ließen uns in Ruhe. Im Halbdunkeln fanden wir Jenny, Stefan und Annabelle vor Mr. Tee's Reggaebar in Strandstühlen. Annabelle versuchte gerade sehr ausdauernd mit einem thailändischen Mädchen Freundschaft zu schließen, die jedoch nicht so angetan davon zu sein schien, dass ihr dieses kleine Geschöpf, das weder Thai noch eine andere Sprache wirklich sprach (bisher) ständig hinterherlief und mit großen Kulleraugen und rosa Bäckchen angrinste. Jenny und Stefan sind Vegetarier. Gern würde ich die pausbäckige, rosige, reizend agile Weltenbummlerin Annabelle, die nie ein Stück Fleisch zu sich genommen hat, jedem Fleischverfechter unter die Nase halten. Da die Mama seit über 20 Jahren kein Fleisch mehr gegessen hat, können das fleischliche Eisen, die Proteine und sonstigen Nährstoffe, die wir vermeintlich nur durch Fleischnahrung zu uns nehmen können, also auch nicht heimlich über die Nabelschnur in Annabelles kräftige Babybeine gekrochen sein. Alle drei haben es geschafft, selbst in den entlegensten Gegenden der Welt in den letzten 4,5 Monaten vegetarische Gerichte aufzutreiben, oft mithilfe von Kinderbüchern und Zeichnungen von Gemüse, Obst oder Nüssen (yes, yes!) und Kühen, Schweinen oder Hühnern (no, no!). Auch sonst trafen wir uns nicht nur hier auf der gleichen thailändischen Wellenlänge. Jenny hatte früher einige Zeit als Cutterin gearbeitet und davon geträumt Regisseurin zu werden, dann doch Psychologie studiert, dann doch nicht ganz gewusst, warum eigentlich und reiste nun um die Welt und schrieb darüber, gemeinsam mit ihrem Freund, der Triathlet ist und auch noch aus Bonn kommt. Wir erzählten die halbe Nacht, von unseren Ideen und Lebensentwürfen, inspirierten uns gegenseitig und aßen dabei vegetarische Currys, gebratenen Reis und Rotee-Pfannkuchen mit Zucker. Nach eine Weile bekamen wir Gesellschaft von dem Engländer Scott. Er war gerade frisch aus Kambodscha gekommen, wo er allerlei Drogen probiert hatte, und das mehrere Tage am Stück, bis er einmal fast draufgegangen wäre. Auch letzte Nacht hatte er ziemlich viel gefeiert, mit ein paar Mädels und vermutlich einer Menge Alkohol, wie viel, wusste er nicht mehr genau, denn alles, was von diesem Abend übrig geblieben war, war ein frisches Tattoo auf dem linken Oberarm, das er immer wieder betrachtete, als wäre es selbst nicht sicher, ob das eine gute Idee gewesen war oder nicht. Karime und ich haben ein paar Mal die Fotos an den Tattooläden angeguckt. Da prangen frische, riesengroße Tattoos auf den Bäuchen, Rücken, Armen und Beinen von verkatert aussehenden Menschen. Manchmal auch auf all diesen Körperteilen gleichzeitig, manchmal so arg kreative Ideen wie handtellergroße Blümchen oder Sterne. Ich hab überhaupt nichts gegen Tattoos, bei manchen Freunden kann ich mir die Tattoos gar nicht mehr wegdenken, doch ich möchte nicht wissen, wie oft schon jemand in Thailand erwachte, sich am Waschbecken den Dreck aus den Augen wusch, die Brille aufsetzte und beim Anziehen der Unterhose auf einmal laut „Ach, du heilige Scheiße“ rief.
Scott hatte es da eigentlich ganz gut erwischt. Wir versicherten ihm alle, dass sein Ring am Oberarm super aussah. Scott war mindestens 1,90 m groß, hatte einen dichten roten Vollbart und freundliche, warme Augen. Er sprach so sanft, dass ich mich vorlehnen musste um ihn im Rauschen der Meeresluft zu verstehen. Und er hatte Hunger wie ein Bär. Er war seit einem halben Jahr auch Vegetarier, aus gesundheitlichen Gründen, was ich sehr lustig fand, weil so jemand wie Scott, groß wie ein Rugby spielender Wikinger, schon sehr, sehr viele Drogen sehr viele Tage hintereinander nehmen musste, um dabei fast draufzugehen. Aber er ernährte sich also gesund, und das von circa 20:00 bis 1:00 nachts, der Kerl aß ohne Witz die halbe Speisekarte. Da ich da locker mithalten kann, bestellten wir um Mitternacht noch einmal Pommes, Rotee, Zwiebelringe, Frühlingsrollen und Scott noch zwei, drei andere Gerichte. Er muss die Köchin das Fürchten gelehrt haben, denn Scott hatte auch noch ein Zimmer in diesem Haus, gleich über der Küche.
Spät in der Nacht machten wir uns wieder auf den langen Rückweg zu unserem Bungalow, diesmal besser vorbereitet, Karime mit Brille und Katrin mit Taschenlampe. Wieder ohne Affen, dafür mit kläffenden Hunden. Unsere beiden Haushunde schliefen wie immer friedlich unter unserem Bungalow.
Tag 31 -Ko Chang
Wir erwachten voller Tatendrang als nunmehr erfahrene Kajakfahrer und redeten prompt unserem Hauswart ein, dass er uns doch ein Kajak für diesen Tag umsonst überlassen könnte, wenn wir dafür alle seine Kajaks auf Löcher und Lecks testeten, was ja auch mal gemacht werden sollte. Eine Stunde lang schoben wir Kajaks ins Wasser, paddelten Teststrecken, verglichen Wasserstände und schütteten Wasser aus löchrigen Booten. Am Ende hatten wir uns ein super TriYak ausgeguckt und unter den argwöhnische Augen unseres neuen Bosses, flehend, dass wir das teure Ding heil zurückbringen, paddelten wir davon, einmal um den großen, weißen Leuchtturm herum Richtung Jennys und Stefans Bus. Wir wollten einen einsamen Strand im Süden erkunden, welcher nur via Boot erreichbar war und die beiden hatten auch große Lust mitzukommen, doch Klein Annabelle wollte ein Mittagsschläfchen halten und wieder einmal mussten wir anerkennen, dass ein Kind das Leben seiner Eltern anders diktierte, während wir selber noch (inzwischen ziemlich große) Kinder sein durften.
Nach einer halben Stunde entdeckten wir in einer Bucht einen Strand und legten an. Der Boden war steinig und ein großer Felsen ragte am Ufer aus dem Boden. Ich machte es mir gemütlich, wickelte meinen Laptop aus seinen 10 Plastikschichten und begann zu schreiben. Karime spielte erst mit seiner GoPro Kamera, wanderte dann mit einem Holzstock den gesamten Strand auf und ab, kramte anschließend im angespülten Müll einen zerbrochenen Eimer hervor, versuchte dann damit Fische zu fangen und langweilte sich ziemlich, was er mir aber erst nach 2 Stunden verriet. Es dämmerte und wir waren ganz schön weit weg von unserem Bungalow, den Hündchen und dem wartenden, nervösen Hausmann. In Windeseile wickelten wir den Laptop in seine Tüten ein, stopften alles in den Rucksack, zogen das Kajak ins Wasser und paddelten los. Im Kommando 1-2 ackerten wir fast ohne Pause, bis wir den Leuchtturm erreicht hatten. Meine größte Sorge waren die Schnellboote, die nun von den Tagesausflügen zurückkehrten und uns im Dunkeln leicht übersehen konnten. Mit einem Nacken wie Mike Tyson erreichten wir schließlich unsere Bucht. Karime hatte noch die Sonnenbrille auf und ich kniff meine Nacktmull-Augen zu Schlitzen auf der Suche nach unserem Steg. Endlich hatte ich ihn entdeckt, doch als wir geradewegs draufzupaddeln wollten, blieb unser Kajak plötzlich mit einem schmatzenden Geräusch im Schlamm stecken. Es war Ebbe. Vergessen. Wir glitten mit bloßen Füßen in den Schlamm und zogen das Boot bis an Ufer, an dem unser Hausmann bereits mit wippendem Fuß wartete. Zugeschlammt bis zu den Knien übergaben wir ihm die Schwimmwesten, wir hatten es gerade noch in den letzten Sonnenstrahlen nach Hause geschafft und er schien darüber mindestens so erleichtert zu sein wie wir.
Tag 32 – Ko Chang – Ko Mak
Es ist Nikolaustag und kein Schokoweihnachtsmann schmilzt in unseren Flip Flops. Wir packen in unserer Bambushütte den Rucksack und laufen die 100m rüber zum Pier. Ein Holzboot bringt uns nach Ko Mak, eine kleine Insel südlich von Ko Chang. Am Pier werden wir von einem tätowierten Taxifahrer des Monkey Island Bungalow Ressorts, der uns eine Hütte für 350 Baht verspricht, aufgegabelt, und da wir tatsächlich gar nichts von dieser Insel wissen, lassen wir uns bereitwillig dort hin kutschieren. Ein Glücksgriff. Unser Ressort ist eine der wenigen Budget-Varianten auf der Insel, die kleinen Bungalows sind gemütlich in einem gepflegten Garten platziert, es gibt saubere Duschen, Internet, Kajakleihen kostet 150 Baht für einen ganzen Tag, die Schnorchel 50 Baht, also nicht mal 1,20 €. Das Ressort liegt direkt am Strand, und an einer Straße, an der fast alle der 30 Ressorts auf Ko Mak liegen, sowie fast alle Restaurants, das eine Krankenhaus und die eine Schule. Die Insel ist sehr übersichtlich und das Leben der paar Einwohner beschränkt sich auch 3 Berufszweige: Tourismus, Fischerei oder Plantagenbauer. Auf der ganzen Insel erstrecken sich Palmen- und Gummibaumhaine. Wir leihen uns 2 Fahrräder und gehen auf Erkundungstour. Nach 2 Stunden sind wir einmal durch und gehen baden. Karime klettert auf eine Palme und springt mit einer Figur, die laut ihm im Fachjargon „das Entchen“ genannt wird, ins türkise Wasser. Wenn man denkt, dass es nicht schöner werden kann...
Unser Ressort hat gefühlte 100 Mitarbeiter auf 30 Gäste; unter ihnen einen wirklich guten Koch. Wir essen gebratenen Tofu, Massaman Curry mit Kartoffeln, trinken Shakes und spielen Mau Mau, ein Spiel, das Karime sehr gern spielt, weil er hier auch mal gewinnt ;-). In der Nacht zieht sich das Meer weit zurück und wir jagen im Rhythmus der Reggaeband, die in der Monkey Bar groovt, Hunderte von Krebse im Seitwärtsschritt über den weißen Strand. Der Halbmond grinst wie ein großes Smiley am schwarzen Himmel.
Tag 33/34- Ko Mak
An den nächsten zwei Tagen tun wir das, was man auf so einer Insel tut: Wir liegen im Strandstuhl, baden, lesen und spielen mit Krebsen, am liebsten mit denen, die sich Muscheln als Haus suchen. Wir malen mit dem braungebrannten Zeh eine Startlinie in den Sand, jeder setzt seinen Rennkrebs vor die Rennbahn und auf die Plätze, fertig, los. Man muss schon ein erfahrenes Rennkrebsauge haben um hier erfolgreich zu sein. Denn manche Krebse laufen munter drauf zu, die Stielaugen auf uns geheftet und wieder andere sind Schisser und bleiben einfach unter ihrer Muschel sitzen. Ach ja, Tiere ärgern als kurzweiliges Vergnügen, darin bin ich inzwischen sehr gut.
Ein gemütlicher Thai mit der Figur eines Sumoringers erzählt uns von einem ganz einsamen Strand auf einer Privatinsel. Sein riesiger, nackiger Bauch wackelt über seinem I-Pad, als er uns auf Google Maps den „Love Beach“ zeigt und anschließend Karime augenzwinkernd ins Ohr flüstert, dass er dort Kameras installiert habe. Wir paddeln trotzdem hin und finden einen paradiesischen Strand mit feinem Muschelkalksand. Hier verliere ich meine Schnorchelunschuld und mein Herz an die Korallen und Fische des Thailändischen Golfs. Hunderte Fische knabbern direkt vor meinen Augen an den Riffen, Seegurken liegen schwarz und regungslos auf dem Meeresboden, ich überlege, wo die Haie, die in den Fischrestaurants angeboten werden, eigentlich rumschwammen, bevor sie auf ihrem Eiswürfelbett landeten, stecke meinen Kopf aus dem Wasser und merke, dass ich bereits ganz schön weit abgetrieben bin. Karime sitzt am Ufer und bastelt sich eine Angel.
Minuten später sitzt er mit Engelsgeduld im Kajak und starrt auf sein schwimmendes Gewicht und den darunter baumelnden Köder. Langsam zieht er die Angelleine durchs Wasser, wirft sie wieder aus, wartet. Dieses Spiel wiederholt sich eine Million Mal, und ich muss an meinen Bruder Matzel denken, der als Kind auch immer gern allein spielte. Karime ist ein großer Meister im Mit-sich-allein-spielen. Ich stehe in mich hinein lächelnd am Ufer und frage mich und später ihn, worüber er so nachdenkt in seinem friedlich schaukelnden Kajak, den Blick auf's Meer geheftet. Doch Karime antwortet, er denke nie, es sei denn er arbeitet und guckt dabei sehr arbeitend. Ich versuche mir vorzustellen, wie es ist, nicht zu denken und merke, dass ich denke, sobald ich versuche mir das vorzustellen. Diese Ruhe im Kopf, wenn er sich ausschaltet, wie schön sie sein muss. Mein Kopf brennt ununterbrochen, selbst im Schlaf lässt er mich nicht in Ruhe.
Ich setze mich ein paar Stunden ans Ufer und lese. Gewissenhaft habe ich überall dick Sonnencreme verschmiert und schmiere auch regelmäßig nach. Nur eine kleine Stelle übersehe ich. Mein kleiner, linker Zeh ist anschließend dick und rot und ich massiere ihn mit Kokosnussöl, der thailändischen Allzweckwaffe.
Zur Abenddämmerung paddelt Karime noch einmal raus. Vom Ehrgeiz gepackt knotet er gleich zwei fiese Haken an sein Gewicht und fängt prompt innerhalb von Minuten zwei Fische gleichzeitig, handgroß, bunt und schön wie Zierfische. Mit bloßen Händen versucht er die glitschigen Fische vom Haken zu lösen und zurückzuwerfen. Als er den Strand wieder erreicht, stinken seine Händen so, als hätte er sich einmal durch alten Fisch am Fischmarkt gewühlt. Ich überlege, wie sauer die Fische darüber sein müssen, dass sie jetzt unfreiwillig gepierct durchs Wasser schwimmen müssen, denn falls Piercings gerade nicht so angesagt sind in der Fischwelt, ist dies ein echter Fortpflanzungsnachteil. Angeln und Jagen aus Spaß … - ich will nicht frotzeln und schweige. Mit seiner selbstgebastelten Angel, einer Sehne, die an eine Plastikflasche geknüpft wurde, Gewicht und Haken mit Köder, wird Karime sicher keinen Hai fangen, und so beiße ich mir auf die Zunge. Er sieht auch einfach unwiderstehlich niedlich aus, wenn er für Stunden todernst in seinem Kajak verharrt, in der grell orangenen Schwimmweste, im schulterhohen Wasser. Ich habe den vorsichtigsten, umsichtigsten Freund der Welt und niemand hätte jemals besser zu mir gepasst, zu mir, die liebevoll von ihrem Freund Chaotenkatrin genannt wird.
Tag 35 – Ko Kood
Am Morgen sitzen wir wieder im Pick Up Truck unseres tätowierten Ko Makkers. Es gibt wohl nicht so viele junge Menschen hier. Überhaupt gibt es hier nicht so viele Menschen. Also rast unser Fahrer mit gefühlten 100 km über die Insel, zwischen den vereinzelten Häuschen hindurch, über Palmen- und Gummibaumplantagen, und wir sitzen hinten im Fahrtwind auf zwei parallel eingebauten Bänken und glotzen uns an. Meine Haare stehen waagerecht vom Kopf ab. Karime hält seinen Hut fest und versucht zu atmen. Und ganz ehrlich, es ist herrlich.
Am Hafen steigen wir in ein Schnellboot Richtung Ko Kut. Östlicher geht’s nicht; dahinter nur noch Meer und dann irgendwann Kambodscha. Ko Kut soll die schönsten Strände, das klarste Wasser und ziemlich teure Ressorts haben. Ein Bootsmatrose fragt uns, an welchem Ressort wir raus wollen, denn es gibt keinen zentralen Hafen, keine öffentlichen Busse und nur eine Hand voll Taxis auf dieser Insel. Jedes Ressort hat einen eigenen Steg. Wir, die natürlich keinen Plan haben, gucken fragend und tippen einfach irgendwo auf die Ko Kut-Karte, die der junge Mann uns entgegenhält.
Ko Kut ähnelt äußerlich Ko Chang. Am Rand der Insel krabbeln wunderschöne Strände in den Ozean, die Insel selbst ist recht hügelig und überzogen von dichtem Dschungel, in welchem sich zwei paradiesische Wasserfälle verstecken. Die ersten Touris gehen an ihren Ressorts von Bord. Wir wissen inzwischen welche Ressorts nach teuer aussehen und diese sehen alle nach teuer aus. Immer mehr Reisende verlassen uns – Siam Beach Ressort, Neverland Ressort, Sand and Sea Bungalos, Ao Phrao Beach Ressort. Irgendwann sind wir die letzten im Boot. Wir sehen ein „Peter Pan Beach Ressort“ Schild, winken kurz dem Bootsmann zu und werden Minuten später von Bord geschmissen. Das Peter Pan Ressort kostet 4000-6000 Baht die Nacht. Tja … tja … nö. Wir laufen ein wenig weiter weg vom Strand und entdecken das Klong Chao Garden View. "Garden View", auch das haben wir bisher gelernt, heißt, dass man wirklich nur den Garten sieht, also keinen Strand, und kein Meer, und „Garden View“ ist damit ein Codewort für billig. Für 500 Baht sind wir dabei, haben einen relativ großen Bungalow, mit zwei sehr großen Betten, leider ohne Mückennetz und auch ohne besonderen Charme. In Windeseile schmeißen wir Rucksäcke und Klamotten ab, schlüpfen in die Badesachen, stärken uns mit einer Portion Pad Thai Eiernudeln und machen uns los Richtung Klong Chao Wasserfall. Nach einem mittleren Gewaltmarsch durch den Dschungel, von Kopf bis Fuß eingesprüht mit Mückenspray erreichen wir schließlich den sprudelnden Wasserfall.
Ich halte meinen Fuß in den kalten Bergsee und beschließe sogleich es mir am Ufer gemütlich zu machen. Karime wirft das Shirt ab, schnallt sich die GoPro um den Kopf und watet mit Gänsepelle in den kleinen, tiefen See. Anschließend darf ich eine filmreife Cool Water Werbung beobachten, Karime klettert am Wasserfall entlang, die Muskeln hart wie Stahl unter den herunterprasselnden, kalten Fluten, stellt sich an der Mauer auf, gleitet mit den Händen durch die Haare, das Gesicht gen Himmel gestreckt, verschluckt sich an ein paar Tropfen, kriegt Panik nicht mehr atmen zu können und tippelt ganz fix wieder zum Rand des Sees. Dort entdeckt er anschließend hunderte kleine Fische und verbringt die nächsten 30 Minuten damit diese mit seiner Kamera zu verfolgen. Große, kleine, schöne, langweilige Fische, egal, Karime spielt mit allen.
Am Abend suchen wir uns ein gemütliches Restaurant in einem angrenzenden Ressort und werden bitter enttäuscht. Meine Gemüsetasche entpuppt sich als Fertigboulette, gefüllt mit Mayonnaise, Erbsen und diesen geriffelten Möhrenstückchen, die vermutlich niemals Teil einer Möhre waren, sondern direkt so im Reagenzglas gewachsen sind.
Morgen brauchen wir einen Roller. Endlich.
Tag 36 – Ko Kood
Ob wir schon mal Roller gefahren sind, will unsere Hausmama wissen. Sicher, eifrig nicken wir mit dem Kopf. So ganz gelogen ist dies ja auch nicht, in Phayao sind wir beide mal die Promenade rauf und runter. Mit 5 kmh. Missmutig gibt sie uns die Schlüssel. Während wir versuchen ganz cool den Roller anzuschmeißen und die Helme überziehen, spüren wir ihren stechenden, besorgten Blick im Rücken. Bitte langsam fahren, ruft sie uns noch hinterher.
Wir wollen heute die Insel abfahren und die anderen Ressorts erkunden. Karime fährt als Erster. Langsam und sehr umsichtig rollen wir über die hügelige Straße, Berg rauf, Berg runter, nur wenige Roller kommen uns entgegen, und fast keine Autos. Fortbewegung ist Freiheit schreibe ich später in mein Notizbuch. Wir fühlen uns wie Cowboys und schleichen mit 30 kmh über die Insel. Wir klappern 6 Ressorts ab, Karime schießt Fotos und ich mache mir Notizen für meinen potentiellen Internetblog mit Tipps zu dieser Insel. Erste Station: Ao Phrao Beach Ressort. Wer hier kyrillisch lesen kann, ist im Vorteil. Als wir das Ressort erreichen, ist der Strand proppevoll. 2 Minuten später habe ich eine russische Freundin, die mir auch nach mehrmaligem Hinweis meinerseits nicht glauben will, dass ich kein Russisch kann und munter weiter drauf los plaudert. Ich glaub, es ging um Wellen, Sonne und Quallen oder so. Oder vielleicht auch um's Mittagessen. Denn ist es 12 Uhr und alle, und ich meine wirkliche ALLE Menschen sind urplötzlich verschwunden. Verwaiste Badminton Schläger liegen im Sand, ein paar Ameisen tragen einen schmalen, weißen, lippenstiftverschmierten Zigarettenfilter an meinen Füßen vorbei, auf den Handtüchern kräuselt sich der Sand in der lauen Brise. Wir drehen uns um und sehen einen uniform sonnenverbrannten Mob in FlipFlops zum Buffet stapfen. Ein paar Minuten später sitzen alle mit Tellern voll Pelmeni, Hackbraten oder undefinierbarer Kohlpampe an Plastiktischen. Russisches und internationales Buffet. Hier is(s)t man unter sich. Ein wunderschönes Ressort, mit VIP Massage Schildern an jeder Ecke, Kayak Verleih, weißen, holzverkleideten Bungalos und braunen Bambushütten. Ein Familienressort, eher weniger für den Backpacker; hier bleibt man 2-3 Wochen, liegt am Strand, schnorchelt und trinkt Wodka.
Karime ist inzwischen ein versierter Offroad-Roller-Experte und wühlt sich ehrgeizig durch verwilderte, unbefestigte Seitenstraßen zum nächsten, sehr abgelegenen Ressort, Neverland. Auch hier ist der Strand wunderschön, feiner weißer Sand, Schaukeln, Liegestühle. Ich vertiefe mich sogleich in meine Strandlektüre von Jack Kerouac, während Karime freudestrahlend mit der GoPro ins Meer läuft, grazil wie ein Delfin in die Wellen taucht, und die Kamera schrottet. Sie hat zwei Hüllen, und nur eine ist unterwassertauglich. Die andere.
Wir sind kurz traurig und wissen doch, dass wir morgen früh nach Bangkok weiterfahren werden. Und dort werden wir dann halt eine neue kaufen. Die Reise ist noch lange nicht vorbei. Also was soll's.
Anschließend besuchen wir noch die „Sand and Sea Bungalos“ - in einer idyllischen Bucht gelegen, die nur über einen Steg erreichbar ist, unter welchem das glasklare, azurblaue Wasser glitzert. Ein perfekter Ort für Tagträumer und Dichter. Hier ist man ganz ungestört, das Gastgeberehepaar spricht nur thailändisch, der kleine englische Plausch für zwischendurch ist hier also eher nicht drin. Das Siam Beach Ressort nebenan hat dabei weit weniger Flair, ist dafür viel teurer, hat aber ein Restaurant und sehr viele Bungalos. Das Essen ist nicht schlecht, der lispelnde Kellner entzückend. Neben uns sitzt eine Touristin mit einem fies blutenden Hundebiss am Bein und bestellt sich ein Curry. Den Abend verbringen wir wieder am Strand unseres Lieblingsressorts, Tinkerbell. Die Strandhütten sehen extrem gemütlich aus, sind sehr modern und durch die große Glasfront blickt man auf den saubersten, feinsten Sandstrand Thailands und das klarste Wasser, in welchem wir jemals badeten. Dieser Strand vor dem Tinkerbell Ressort hat uns beiden auf immer und ewig das Herz gestohlen.
Im Allgemeinen: Auf der Insel macht man sich die Preise nicht gegenseitig kaputt, das heißt großes Suchen kann man sich sparen. Schnorchel kosten 150 Baht, mit Flossen 200 Baht, ein Motorbike 300, der Liter Benzin 50, das Kajak 100 Baht pro Stunde oder 300 pro Tag.