4.11. Berlin-Istanbul

Um 3:30 stehe ich noch knöcheltief in einem Haufen aus Socken, Shirts, Kleidern, Notizbüchern und allem anderen, was noch irgendwie in meinen schmalen 50 l Rucksack muss. Laptop, Festplatten, Midi Keyboard, Kamera – alles zaubert sich irgendwie unter die Rucksackhaube; um 4:00 klicken die Plasteschnallen zu, der Wecker piept Karime wach. Auf geht’ nach Istanbul.

Gegen 12:00 drückt mir der türkische Beamte meinen Visastempel in den Pass. Wir gucken ein paar Minuten orientierungslos auf den Metro-Ticket-Automaten, doch ein netter Kerl in Nike Sportanzug und bunter Ferrari-Jacke zieht kurzerhand seine Abo-Karte durch den Scanner und uns durch das Drehkreuz. Unser freundlicher Helfer kommt aus Libyen, betreibt ein Import-Export Geschäft, freut sich, dass Karime ein ‚Bruder’ ist und lädt uns dann auch gleich noch auf die Tram-Fahrt ein. Dort treffen wir auf Mujahid, der seinen Vornamen hörbar stolz betont und uns die nächsten 20 Minuten von seiner Verlobten erzählt, welche er seit einem Monat kennt und mit der er nun Ringe kaufen geht, so dass schnell geheiratet werden kann, ehe die immer skeptischen Eltern doch wieder Einwände haben. Mujahid spricht ein geschliffenes Englisch und fasst uns in Windeseile die Osmanische Geschichte zusammen. Er ist momentan arbeitssuchend, doch recht optimistisch, was die Erfolgschancen angeht – wir sind es mit ihm.

Das Tulip Hotel ist ein absoluter Volltreffer. Unser gemütliches Zimmer hat einen Balkon mit Blick auf den Bosporus, ein glänzend poliertes Bad und schneeweiße Laken auf einem gemütlichen, großen Bett. Ich schlafe sofort ein.

Kurz nach 15:00 treibt uns der Hunger hinaus in die Straßen. Die Restaurantpromoter versuchen hartnäckig uns in ihre Läden zu locken, was leider immer das Gegenteil bewirkt. Wir winken cool ab. Winken uns so einmal durch das ganze Eminönü Viertel bis zur Galata Brücke. Hier gibt es sehr gute Fischrestaurants. Karime will Fleisch.

Inzwischen ist es empfindlich kalt geworden. Wir hören auf zu winken und frösteln uns durch die vor Menschen wimmelnden Bazarstraßen, vorbei an glänzendem Aluminiumgeschirr, flauschigen Baumwollwesten, bunt verzierten Teegläsern und unzähligen Moscheen, von deren Minaretten lautstark zum Maghrib-Gebet gerufen wird. Die Atmosphäre ist berauschend. Ich knabbere fröhlich an heißen Maronen, während Karime grummelig zu unseren Restaurantpromotern zurückläuft. Wir werden mit Handschlag begrüßt. Das Essen ist eher lau, doch trotzdem Dortmund an diesem Abend 4:1 gegen Galatasaray gewinnt, erleuchtet in der Nacht plötzlich ein buntes Feuerwerk vor unserem Balkon. Istanbul strengt sich für uns an.

Die Stunden vor unserem Weiterflug nach Mumbai am nächsten Tag füllen wir mit touristischem To-Do; wir werfen noch einen staunenden Blick auf und in die die Sultanahmet Moschee, die Hagia Sophia, den Grand Bazaar, hören den Muezzins bei ihrem abwechselnden Ruf zu, als wären sie in einem Wettstreit der schönsten Stimmen. Istanbul ruft uns hinterher. Wir kommen bestimmt wieder.


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